«Die Erfolge dieser Saison basieren auf einem Fundament»

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Bild: Keystone

Freeskierin Mathilde Gremaud blickt auf eine Saison der Superlative zurück. Die Olympiasiegerin, Weltmeisterin und X-Games-Siegerin hat in dieser Saison auf famose Art und Weise drei Kristallkugeln eingeheimst. Die grosse Kristallkugel hat sie mit dem historischen Punktemaximum geholt. Die 24-Jährige hat sich aber auch als Person gefunden. Im Interview spricht Mathilde Gremaud über die Menschen, welche sie stärker machen, und wie sie sich selbst weiterentwickelt hat.

Mathilde, gab es in diesem Winter einen Moment, wo du realisiert hast, dass der Gewinn der Kristallkugeln realistisch ist?

Die Laax Open waren ein entscheidender Moment. Der Run, welchen ich dort gemacht habe, war wirklich stark, und ich fühlte mich extrem gut. Ich würde sogar sagen, dass es meine Performance des Winters 2023/24 war. Anschliessend kam Greg Tüscher (Trainer Slopestyle und Big Air) auf mich zu und hat mir aufgezeigt, dass in diesem Jahr der Triumph im Gesamtweltcup möglich ist. Ohne Druck aufzusetzen, führte er mir vor Augen, dass ich richtig gut drauf bin und was drin liegt.

Welche Personen sind die Eckpfeiler hinter deinem Erfolg?

Ich würde drei Eckpfeiler herausheben. Greg Tüscher ist mehr als ein Coach; er ist mittlerweile ein Freund. Meine Eltern sind ebenfalls ein unglaublicher Support und ergänzen sich sehr gut. Mein Vater unterstützt mich im sportlichen Bereich. Natürlich versteht er fachlich nicht alles, aber er kennt mich sehr gut. Anhand meiner Körpersprache weiss er genau, wann ich ready bin, und findet in diesen Momenten genau die richtigen Worte. Meine Mutter übernimmt den Mutterpart. Sie ist sehr auf meine Person und meinen mentalen Bereich bedacht. In der Kombination sind die beiden eine riesige Unterstützung und sehen immer das Positive. Daneben ist meine Freundin eine tolle Sparring-Partnerin. Sie ist ebenfalls Sportlerin und weiss genau, was ich durchmache. Der Austausch mit ihr hilft mir sehr.

Wie würdest du deine Zusammenarbeit mit Coach Greg Tüscher beschreiben?

Die Beziehung, die ich mit Greg habe, ist sehr speziell. Wir können zusammen total fokussiert fachsimplen, planen und diskutieren. Jedes Gespräch endet aber mit einem Lacher und positiver Stimmung. Wir sind sehr ähnlich und verstehen uns sehr gut. Greg hat sich als Coach aber auch weiterentwickelt. Wir hatten am Anfang Mühe, miteinander tiefgründigere Gespräche zu führen. Dies mussten wir beide lernen. Mittlerweile sind wir auf der gleichen Wellenlänge und sprechen zusammen nicht nur über Tricks. Greg hat in seinem Leben sehr viel erlebt und ist für mich eine Inspiration.

Wo siehst du die grössten Unterschiede zwischen der Mathilde Gremaud, die 2017 in Québec ihren ersten Weltcup gewonnen hat, und der heutigen Mathilde?

Ich glaube, die Mathilde von 2017 hat nicht wirklich viel nachgedacht und ist einfach gefahren. Der Erfolg damals basierte vielleicht auch auf einer Portion Glück, und es ist einfach alles aufgegangen. Die Erfolge dieser Saison basieren viel mehr auf einem genauen Plan. Wir haben durch meine verschiedensten Erfahrungen ein Fundament erarbeitet, welches Siege viel wahrscheinlicher macht als vorher. Daneben sind sieben Jahre eine lange Zeit, und ich habe als Person gelernt, was mich weiterbringt und was mir weniger guttut. Meine Mutter ist nach dem Weltcup-Finale zu mir ins Zimmer gekommen und hat zu mir gesagt, dass sie ein Interview von mir gehört hat. Sie meinte, es sei unglaublich schön zu sehen, dass ich mittlerweile wisse, wer ich bin und was ich will. Ich glaube, dies beschreibt es sehr schön.

Du bist seit dieser Saison Team-Sprecherin und engagierst dich für Frauen im Freestyle-Sport. Gehört dies auch zur heutigen Mathilde Gremaud?

Das ist richtig. Ich finde es sehr schön, wenn ich junge Athletinnen wie beispielsweise Elsa (Sjöstedt) und Anouk (Andraska) unterstützen kann. Daneben interessiere ich mich aber auch für die Frauen-Themen sowie deren Förderung – und bin als Team-Sprecherin im Einsatz. Ich musste früher selbst lernen, für meine Anliegen einzustehen und diese an der richtigen Stelle zu platzieren. Jetzt kann ich anderen Athletinnen und Athleten helfen, dies zu meistern.

Die Stimmung im Freeski-Team erlebt man von aussen als sehr positiv, wie ist dies für dich?

Das Team war in den letzten Jahren sicher etwas weniger eng als zu den wilden Anfangszeiten. Seit diesem Frühling spüre ich aber einen neuen Drive im Team. Wir sind wieder viel enger zusammengewachsen. Wir treiben einander weiter und reden sehr viel miteinander. Wir sind wirklich als Familie unterwegs im Winter. Diese gute Stimmung haben wir uns aber auch erarbeitet, wir sind alle aufeinander zugegangen. Von den Coaches über das Physio-Team bis zu den Athletinnen und Athleten.

Was sind die Schlüsselelemente für erfolgreiche Heim-Weltmeisterschaften im Engadin in der nächsten Saison?

Ich glaube, nächste Saison gibt es einen entscheidenden Punkt: Ich muss Ende März einen vollen Energietank haben, dies wird der Schlüssel sein. Wenn ich ansonsten so fahre wie in dieser Saison, bin ich sehr zuversichtlich.